Samstag, 19. Januar 2008

Kabarett: Claus von Wagner: Im Feld (von Optimist)

Endlich wieder Kabarett, endlich wieder Claus von Wagner. Die Vorstellung seines (immer noch) aktuellen Programms "Im Feld" war mal wieder reiner Genuss, und das obwohl ich das Programm zum zweiten mal gesehen habe.

Claus von Wagner ist keiner der "klassischen" Kabarettisten, wie z.B. Hagen Rether, Matthias Deutschmann oder Georg Schramm - es gibt keinen Frontalunterricht in Rebellionsgesinnung und Stimmviehschelte. Das Programm ist eher ein Ein-Mann-Theaterstück, das gespickt ist mit kabarettistischen Einlagen, aber sehr klar einem Handlungsrahmen folgt und eben eine Geschichte von Anfang bis Ende erzählt. Und die geht - in aller Kürze - so:

Ein junger Mann sitzt auf einem Stuhl neben seinem Zelt inmitten einer Grünfläche in München und beobachtet von dort aus seine Wohnung. In die er nicht mehr reinkommt. Weil dort seine (ungewollt) schwangere Freundin auf ihn wartet und verlangt, dass er sich endlich zu seiner Vaterschaft bekennt. Er, verzweifelt bemüht, alle Argumente aufzufahren, die ihn vor der drohenden Verantwortung retten und diese Argumente endlich in einen alles erklärenden und rechtfertigenden Brief unterzubringen (zu unreif, schlechte Welt, schlechtes Erbgut ...) schweift immer wieder ab und kommt so ins plaudern. Über Tagespolitik, Gesellschaft, Beziehungen und alle möglichen Probleme, die Leuten mit 30 den Tag gehörig verleiden können. Ganz nebenbei entwickelt sich seine Camping-Aktion im Radio stufenweise eskalierend von einer entrückten Aktion über eine Kunstinstallation hin zu einer Besetzung und Bedrohung der öffentlichen Ordnung - alles ein Missverständnis, versteht sich. Aber die Polizei rollt schon an.

Wortakrobatik, Tiefsinn und Humor kommen allerdings anders dosiert, als man es im Kabarett gewohnt ist. Nicht in der brutalen Härte. Nicht zum Schenkel klopfen. Aber unglaublich feinsinnig und unterhaltsam. Dabei spielt von Wagner einerseits mit voller Inbrunst Theater, ist unglaublich textsicher und schnell, ohne aber den Zuschauer abzuhängen. Andererseits kommt der kabarettistische Teil nicht zu knapp und man fühlt sich gut versorgt mit einem aktuellen Sträußchen täglichen Wahnsinns.

Fazit: Dringend empfohlen, wenn eine Theater-Kabarett-Mischung spannend klingt. Für Scheibenwischer-Konsumenten eher nicht geeignet. Extra-Dosis in Aussicht, wenn man sich in die erste Reihe traut.

Tipp: Wer noch unsicher ist, dem sei das "Erste Deutsche Zwangsensemble" empfohlen. Claus von Wagner, Philipp Weber und Matthias Tretter im Dreierpack, die sich herrlich ergänzen.

Noch ein Hinweis: Mit dem, was Claus von Wagner auf Bayern 3 in seinem "Tagebuch des täglichen Wahnsinns" macht, hat sein Bühnenprogramm nicht viel zu tun.

2 Kommentare:

Realist hat gesagt…

Hör' mir auf mit Scheibenwischer! Ich hatte die Tage - dem Hotel sei "dank" - mal wieder Zugriff auf einen Fernseher und habe die letzte viertel Stunde Scheibenwischer gesehen.

Ein paar Mal war ich kurz davor abzuschalten, lediglich mein ungläubiges Staunen hat mich davon abgehalten. Wo sind denn die angekommen? Das war ja RTL-Niveau!

*kopfschüttel*

Optimist hat gesagt…

Da kann ich nur beipflichten. Mehr Niveau und mehr Vielfalt gibts dafür bei "Neues aus der Anstalt", einmal monatlich im ZDF. Besonders nett dabei: Für meine 6€ Radio-Gebühren darf ich die Sendung ja jetzt im Internet angucken - in wirklich überraschend guter Qualität.