Aber gut, ich will nicht kleinlich sein. In der Tat lädt die Lounge zum Verweilen ein, zumindest Leute, die sich auch sonst in der Systemgastronomie (oder dem IKEA-Restaurant) wohl fühlen. Also mich, zum Beispiel. Und zwar - mal abgesehen vom Stil - aus ganz profanen Gründen:
- Im Zimmer ist kein Platz zum herumlungern
- WLAN ist nur in der Lobby gratis
- fast jede Lümmelgelegenheit hat eine Steckdose
- das Personal ist sich nicht zu schade, neben den Speisen der eigenen Karte (Tomaten/Mozzarella- oder Schinken/Käse-Toast zu 3,50), auch Pizza vom Lieferservice an den Platz zu liefern (die Marge blieb mir verborgen)
Interessanter- bzw. logischerweise dient die Lounge auch als Frühstücksraum. Da trennt sich dann die Spreu vom Weizen, denn längst nicht jeder ist in der Lage, auf einem Couchtisch in Kniehöhe zu frühstücken. Es hat aber durchaus einen After-Party-Charme, wenn man, auf einem Sitzwürfel hockend, mit dem Frühstück kämpft und dabei die ganzen Bekanntschaften vom LCD-Kaminfeuerabend wieder trifft. Da grüßt sich freundlich, was Stunden zuvor noch Kriege um den - doch arg begrenzten - Upstream ausgefochten hat (wenn der Upload der wichtigen 8MB-Datei, beim dritten Versuch, wieder bei 98% abgebrochen ist).
Aber genug von der Lounge! Werfen wir einen Blick in die Zimmer! Ja, Plural. Denn mein erstes Zimmer war - selbstverständlich - nicht gemacht. Aber immerhin auf eine sehr offensichtliche Art und Weise. Was gut war, denn da es in dieser Preisklasse noch nicht einmal Gummibärchen auf dem Kissen gibt, wäre das ansonsten schwer fest zu stellen gewesen.
Ansonsten haben die Planer von vorne herein nicht damit gerechnet, dass jemand mehr als eine Nacht hier verbringt, denn das Zimmer hat keinen Schrank. Kein Board. Keine Ablage. Es gibt eine Stange an der Wand und einen Waschtisch, der nicht im Bad sondern Zimmer steht. Den könnte man sogar als Schreibtisch verwenden, was ja recht praktisch wäre, könnte man sich so, ab und an, mit einem nassen Lappen, die Stirn abtupfen. Geht aber nicht, da nur direkt unter dem Becken genug Fussraum vorhanden und mein Laptop nicht wasserdicht ist.
Da bleibt einem ja fast nur der Sprung, aus dem sechsten Stock, auf die, direkt vor dem Hotel verlaufende, A5 - denn das Fenster kann man öffnen. Anfängerfehler. Das lernen die auch noch.
Fazit: (Um damit schon fast eine neue Kategorie "Hotel" zu begründen) Motel-One ist das Ibis für die Ikea-Generation. Lounge- statt Blümchen-Look, LCD statt CRT, Kacheln statt Plastik, überall WLAN und in der Lobby gratis, statt nur in der Lobby WLAN und dort kostenpflichtig und last but not least: Keine Tabletts beim Frühstück. Zu empfehlen trotzdem nur für Freunde der System-Unterbringung, die auf Rührei verzichten können, und sich nicht komisch vorkommen, wenn sie das Zimmer im Voraus zahlen müssen.
Grüße aus der Lounge,
Ihr Realist