"Zu lang", "langweilig" und "zu verwirrend" waren die Attribute mit denen Kritiken, von denen ich bislang gehört hatte, ausgeschmückt waren, und so bin ich mit einer niedrigen Erwartungshaltung an den Film herangegangen - der ja eigentlich mit Robert De Niro hinter (und ein bisschen vor) der Kamera und auch sonst, in all den vielen kleinen Rollen, ganz hervorragend besetzt ist. Und ich darf sagen, dass ich positiv überrascht wurde.
Ja, der Film ist sehr lang, und nein, er ist wahrlich kein Actionfeuerwerk. Die Handlung ist sowohl logisch als auch nachvollziehbar. Sie dient - was den Spionageteil angeht - aber ohnehin nur als Kulisse.
"Der gute Hirte" ist bewusst blass und farblos. Genau so wie Edward Wilson, der aber eben auch ein Patriot ist, der sich zutiefst der Wahrheit und Aufrichtigkeit verpflichtet fühlt. Der aus Ehrgefühl nicht seine sich anbahnende große Liebe, sondern seinen geschwängerten "Fehltritt" heiratet; Der dem Ruf des "Vaterlands" für Jahre nach Übersee folgt und dabei Geburt und Heranwachsen seines Sohnes verpasst; Der durch die penible Art, mit der er seinen aufgezwungenen Beruf ausübt und dem vollkommenen Fehlen von Vertrauen einem jedem gegenüber, seinem Leben alles lebenswerte entzieht; Der Freunde und Familie verliert, teils durch Verrat oder Gewalt, teils weil er niemanden an seinem Leben teilhaben lassen kann, bis er sich am Ende zwischen dem Glück des einzigen Menschen, den er noch liebt und seiner Loyalität seinem Land gegenüber entscheiden muss...
Wilson ist der Beamte und den Geheimagenten. Ein Mann, der einem nie wirklich sympathisch ist, dessen Handlungsweisen man aber durchaus nachvollziehen kann und den man bemitleidet - auch wenn man sich nicht sicher ist, ob man ihn für seine Geradlinigkeit bewundern oder verfluchen soll.
Fazit: Ein Schmuck- und glanzloser Film, ein Denk- oder ein Mahnmal für Pflichtbewusstsein - je nach Sichtweise. Kein Must-See, aber sehenswert.