Samstag, 2. Februar 2008

Kabarett: Martin Großmann: Der Hilfssheriff von Bulldog-City (von Optimist)

Verstehen Sie Niederbayerisch? Ja? Das ist gut, denn ohne Grundkenntnisse dieses Schnabelwuchses ist man in Martin Großmanns Programm "Der Hilfssheriff von Bulldog-City" völlig aufgeschmissen.

Bulldog-City? Die Story geht so: Großmann ist Hilfssheriff in einer Westernstadt, die noch nicht allzu lange eine solche ist. Auf dem selben Fleckchen Erde stand vorher ein niederbayerisches Dorf wie jedes andere. Ein Großinvestor planiert einmal durch, lässt zwei Backsteinhäuser stehen (Bank und Gefängnis) und errichtet eine Westernstadt als Erlebnisparkt.
Und die ehemaligen Dorfbewohner (für Kenner: inkl. Hartl-Bauer) und Zugereisten bekleiden jetzt Funktionen als Reverent, Goldschürfer und eben Hilfssheriff. So leben alle ihr neues Westernleben - Tag und Nacht, sind zwar angestellt beim Großinvestor, kennen aber nach und nach die Welt außerhalb der Westernwelt nur noch in Fragmenten, leben in einer Illusion.
Der Großinvestor indes macht mit seinen Angestellten, was Großinvestoren so tun: Beuten die Arbeitnehmer aus - die Arbeitnehmer geben nach. Er fordert noch mehr, sie geben noch mehr. Doch am Ende hilft alles Buckeln nichts, denn für ein Wochenende-Paket (199€) kann man ja auch prima von Frankfurt direkt nach Tschechien in die Westernstadt fliegen, zwei Übernachtungen inklusive - fertig ist der Erlebnisausflug. Und so wird das Dorf kurzerhand abgebaut und ins Billiglohnland verfrachtet, da sind die Cowboys billiger.

Zurück bleiben, man ahnt es, die Ex-Cowboys, Ex-Hilfssheriffs und Ex-Goldschürfer. Die Hälfte fängt an zu trinken, das passt, denn die andere Hälfte säuft ohnehin schon. Und der Weg vom Westerndorf geht im Schnelldurchgang durchs Arbeitsamt in die Psychatrie. Für alle. Denn alle haben sich der Westernwelt mit Leib und Seele verschrieben. Und jetzt kommen sie ohne Westernwelt nicht mehr zurecht.

Das klingt jetzt alles deutlich trauriger, als die Episoden tatsächlich waren. Aber die Tragik der Figuren war durch eine Mischung von Witzen, Komik und Verzweiflung immer gegenwärtig, manchmal bleischwer.

Martin Großmann spielt dabei von Anfang bis Ende perfekte Kleinkunst: Text, Story, leiser Humor, (Cowboy-)Tanz, Dramatik. Alles passt hervorragend zusammen. Allerdings hat's wirklich gedauert, bis das bei mir durchgesickert war. Und ich rede nicht vom gleichen Abend. Es hat geschlagene zwei Tage gedauert.

Da stellt sich die wirklich schwere Frage, kann ich das jetzt empfehlen? Ich meine ja. Aber man muss wissen, worauf man sich einlässt. Kein Schenkelklopfen, keine Lachsalven im 15-Sekunden Abstand. Vielleicht ein merkwürdiges Gefühl auf dem Heimweg. Zwei Tage Rätselraten und Grübeln. Aber am Ende die Einsicht: Das war echt gute Kleinkunst.

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